Aufstehen gegen Rassismus

Vielleicht haben Dir die rassistischen Vorkommnisse in den USA (und in der Bundesrepublik) das Gefühl gegeben, ohnmächtig und hilflos gegenüber dem Geschehenen zu sein. Vielleicht wünschst Du Dir, dass Du Dich einfach in Deine eigene, heile Welt zurückziehen kannst. Mir geht es so: ich würde mich gerne einfach zurückziehen und diese ganzen schlimmen Sachen ausblenden. Doch zur gleichen Zeit weiß ich, dass ich ein Teil dieser Gesellschaft bin und es mein Recht, mein Privileg und meine Pflicht ist, diese mitzugestalten. Manchmal fühlt es sich so an, als ob ich nicht viel tun kann, aber ich weiß genau, dass jede Stimme zählt und jede Person einen gewissen Einfluss auf andere ausüben kann. Und egal, wie groß oder klein dieser Kreis ist, wir sollten unseren Radius nutzen, um die Welt zu einem besseren Platz für alle zu machen.

Hier noch ein Hinweis, bevor es losgeht: Dieser Blogpost ist nur der Anfang. Ich nehme Dir damit nicht alle Arbeit ab, sondern ich werde Dir hilfreiche Hinweise und Anregungen geben. Die Fragen, die ich hier stelle, sollten für Dich der Startpunkt für eine eigene Recherche und Meinungsbildung werden, denn dies ist effektiver als einfach nur einen Artikel zu lesen.

Also, wie kannst Du Dich konkret gegen Rassismus einsetzen? Es gibt zwei Seiten, die beleuchtet werden müssen: die interne und die externe.

Die interne Seite:

Zuallererst sollten wir mit uns selbst anfangen. Dies beinhaltet mindestens drei Dinge: sich selbst über das Thema zu informieren, sich selbst kritisch hinterfragen und sich dafür zu entscheiden, gegen was man sich einsetzt und für was man sich einsetzt.

Information: Weißt Du, was genau die Definition von Rassismus ist? Finde es heraus und formuliere es dann mit Deinen eigenen Worten. Dann mach daraus weitere Variationen: wie würdest Du es einem Kind erklären? Wie Deiner Freundin? Und wie würdest Du Deinem Opa davon erzählen? Um für ein bestimmtes Thema einzustehen, müssen wir unsere Sprachfähigkeit darüber trainieren. Es ist außerdem hilfreich, wenn Du Begriffe wie „white Privilege“, Diskriminierung, die „Black lives matter“-Bewegung und andere kennst. Finde die Antworten und Erklärungen zu folgenden Fragen: was löst Rassismus aus und wo fängt er an? Und welche Entschuldigungen oder Ausreden finden Leute, um trotzdem rassistisch zu handeln oder reden?

Sich selbst kritisch hinterfragen: Egal, wie oft Du schon im Ausland warst, wie viele Leute aus einer anderen Kultur Du als Freunde hast und wie offen Du anderen Kulturen gegenüber bist, ES KANN TROTZDEM SEIN, DASS DU RASSISTISCHE EINSTELLUNGEN IN DIR HAST. Und sich das einzugestehen kann richtig schwierig sein. Also arbeite daran, wenn Du etwas in Dir erkennst, gib es Dir gegenüber (und vielleicht auch anderen) zu. Aber bleib an diesem Punkt nicht stehen, sondern arbeite daran, dass diese Einstellungen oder Gedanken nicht in Dir bleiben. Prüfe Dich selbst in gewissen Abständen. Denn: wie können wir gegen etwas nach außen hin Flagge zeigen, wenn wir es selbst in uns tragen? Deswegen: raus mit den versteckten rassistischen Gedanken und rein mit guten Gedanken.

Als Jugendliche hatte ich ein ziemlich schlechtes, düsteres Bild von Osteuropa. Wenn ich daran dachte, kamen mir nur Bilder von riesigen, grauen Apartmentblocks, von denen die Fassade abblättert. Menschen, die grimmig dreinschauen und denen man die Armut schon von weitem ansehen kann. Kleine Dörfer im nirgendwo und Läden, die nur eine Art von Marmelade besitzen und die insgesamt nur einen kläglichen Eindruck hinterlassen. Du verstehst wahrscheinlich, wie ich das meine: trist und grau und überhaupt nicht einladend.

Als ich dann in der Schule die Möglichkeit erhielt, an einem Schüleraustausch nach Ungarn teilzunehmen, zögerte ich nicht lange. Denn ich wusste, ich musste mir mein eigenes Bild von Osteuropa machen und dieses graue Bild in meinem Kopf auf ihren Realitätsgehalt testen. Und natürlich, Du ahnst es vielleicht schon: natürlich war das Bild falsch! Klar, die Apartmentblocks habe ich gesehen, aber gleichzeitig wurde mein Bild so viel bunter: die Ungarn, die ich traf, zeigten mir die ganzen schönen Farben dieser Ecke. Nicht nur durch ihre Freundlichkeit und Gastfreundschaft, sondern auch durch das Essen, die schönen Momente und die überraschenden Einblicke in den ganz normalen Alltag. Das war der erste Schritt für mich, um ein realistischeres Bild von Osteuropa zu erhalten. Seitdem war ich auch in Tschechien, Polen und Russland und jeder einzelne Aufenthalt hat mich positiv überrascht.

Ich erzähle dies, um Dir ein Beispiel zu geben, wie Du aktiv an Deinen eigenen Bildern im Kopf arbeiten kannst. Diese Bilder werden von den Medien und den Meinungen anderer Leute beeinflusst und unsere Verantwortung ist es, nachzuprüfen, ob sie wirklich der Realität entsprechen. Natürlich kann nicht jeder reisen, aber wir können genauso zu Menschen aus anderen Kulturen gehen, die in Deutschland wohnen.

Denk daran: unsere Gedanken beeinflussen unsere Wahrnehmung der Realität und sie beeinflussen ebenso unser Handeln.

Entscheide Dich für ein für und gegen: Zuallererst, zum Wort „Entscheidung“. Meiner Meinung nach ist es gut, bestimmte Entscheidungen im Leben ganz bewusst zu treffen und nicht einfach so in etwas reinzurutschen. Deswegen: entscheide Dich dafür, Dich ab jetzt aktiv gegen Rassismus einzusetzen. Schreib diese Entscheidung auf, um Dich daran zu erinnern.

Und dann, mach Dir Gedanken über folgendes: Du kannst Dich GEGEN etwas einsetzen und anderen davon erzählen, dass etwas schlecht ist. Manche Menschen wirst Du damit erreichen und sie werden sich von rassistischem Gedankengut distanzieren. Aber dann kommt der nächste Schritt: sie müssen das Vakuum auch füllen. Denn: wenn wir etwas ablehnen sollten wir auch in der Lage sein zu erklären, FÜR was wir uns einsetzen. Überleg Dir also selbst, FÜR was Du stehen willst.

In meinem Fall habe ich mich dazu entschieden, starke und liebevolle Beziehungen zu fördern, Menschen zu helfen, glückliche Familien zu haben und in dem allen auch Gottes Liebe und Frieden zu zeigen, den er mir gibt. Außerdem ist es mir ein Anliegen, authentisch zu sein und eine Brücke für Menschen verschiedener Kulturen zu sein.

Diese drei Punkte gehören also zu der internen Seite.

Die externe Seite:

Lass uns jetzt einen Blick auf die externe Seite werfen. Hier geht es darin, konkret außerhalb von uns zu handeln. Es gib hier ebenfalls drei Seiten: Prävention, Sensibilisierung, Strafe/Verurteilung von rassistischem Verhalten. Manche der folgenden Anregungen gehören zu zwei der genannten Bereiche, deswegen habe ich sie nicht getrennt.

Hier sind ganz praktische Dinge, wie Du mithelfen kannst, eine Welt ohne Rassismus zu leben:

  • Selbstverständlich: Politische Parteien wählen, die sich dafür einsetzen, dass alle Menschen gleichbehandelt werden und die Respekt gegenüber denen zeigen, die aus einer anderen Kultur kommen.
  • Zeig Politikern und/oder Veranstaltern, dass Du mit rassistischen Reden/Veranstaltungen/Gesetzen/Konzerten etc. nicht einverstanden bist indem Du Petitionen unterzeichnest, ihnen direkt schreibst oder bei Demonstrationen mitmachst.
  • Nutze die Möglichkeit der Beschwerde beim Deutschen Werberat, wenn Du rassistische Werbung siehst.
  • Sprich mit den Menschen um Dich herum (Deinem Kreis) über Rassismus. Informiere sie darüber, was Du herausgefunden hast (die Antworten auf die o.g. Fragen) und fordere sie heraus, sich auch einzubringen.
  • Sprich vor allem auch mit Deinen Kindern darüber. Gib ihnen die Möglichkeit, andere Kulturen in einer positiven Art und Weise kennen zu lernen. Dies ist eine Möglichkeit, präventiv zu handeln, den Rassismus ist etwas Erlerntes, das oft von Generation zu Generation weitergegeben wird. Geh mit Deinen Kindern zu Familien mit Migrationshintergrund oder ins Flüchtlingsheim, damit sie dort mit den Kindern spielen können. Wähle Kinderbücher und Kinderlieder aus, die verschiedene Kulturen repräsentieren bzw. die Gleichwertigkeit von verschiedenen Kulturen zum Inhalt haben. Lade Menschen mit Migrationshintergrund zu Dir nach Hause ein.
  • Verwende Deine Online-Profile in den sozialen Medien, um Dich zu positionieren. Teile Artikel, Petitionen, etc., um auf Rassismus aufmerksam zu machen.
  • Bring Dich in der Flüchtlings- oder Migrantenarbeit ein und zeig ihnen, dass sie in Deutschland willkommen sind.
  • Wenn Du Menschen in Deinem Umfeld hast, die rassistischen Worte und Inhalte verbreiten, sprich sie darauf an. Manchen ist es nicht so bewusst, aber allen muss man zeigen, dass das Verhalten falsch ist.
  • Rassistische Witze: erkläre der Person, warum der Witz nicht angebracht ist. Vielen Leuten ist der Zusammenhang nicht bekannt, dass über Witze Rassismus versteckt wird und solche Witze deswegen einer der Wegbereiter für offenen Rassismus sind.
  • Wenn andere online Hetze verbreiten, kommentiere und melde dies der Plattform. Eine super Möglichkeit, aus etwas Negativem etwas Positives zu machen, ist die Aktion Hass Hilft. Dort schickt man Screenshots der rassistischen Kommentare hin, daraufhin löst dies eine Geldspende für das Engagement gegen Rassismus aus.
  • Wenn Du Zeuge einer rassistischen Gewalttat wirst oder Betroffener bist, wende Dich an die Polizei und an das Antidiskriminierungsbüro Deiner Stadt/Uni/etc.
  • Spende und unterstütze Organisationen, die Menschen helfen, die aus rechtsextremen Kreisen aussteigen wollen, z.B. Exit Deutschland.
  • Teile die Information in Deinem Bekanntenkreis über Inside out, dieses Angebot bietet Workshops und Programme zur Prävention von Extremismus, Radikalisierung und Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
  • Engagiere Dich bei Aktionen, die sich für eine offene Welt einsetzen, in der die Menschen als gleichwertig angesehen werden. Oftmals sind Kirchen dafür eine gute Anlaufstelle.

Deine Reaktion bei einer rassistischen Anfeindung

Stell Dir vor, Du sitzt im Zug. Etwas weiter weg von Dir sitzt eine junge, muslimische Frau, erkennbar an ihrem Kopftuch. Plötzlich steht ein Kerl auf, baut sich vor ihr auf uns beschimpft sie. Was kannst Du tun?

Eine Möglichkeit ist es, zu der Frau hinzugehen, sich neben sie hinzusetzen und ein Gespräch mit ihr anzufangen. Wähle dafür ein Thema, bei dem sie leicht einsteigen kann (Kompliment über ihre Tasche, Betrachtungen über das Wetter, etc.). Hilf ihr, den Rassisten komplett zu ignorieren und sich ganz auf dich zu fokussieren. Je länger das anhält, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass der Kerl Euch in Ruhe lässt, da er keine Reaktion von ihr bekommt. Versuche, freundlich, bestimmt und ruhig zu bleiben, auch wenn Deine Emotionen hochkochen. Bleibe bei der Frau bis die Gefahr vorbei ist und begleite sie ggf. bis an ihr Ziel.

Sollte der Rassist allerdings klare Anzeichen zeigen, dass er high ist oder betrunken oder bereit zu physischer Gewalt, zögere nicht, die Polizei zu rufen und/oder den Schaffner oder Zugleiter zu informieren. Sprich außerdem weitere Passagiere einzeln direkt an und bitte sie um Hilfe. Wenn Du nicht in der Lage bist, diese Dinge zu tun bzw. das körperliche Risiko zu groß ist, mach Fotos und Videos, um die Situation zu dokumentieren. Um die Lage einzuschätzen, achte auf Zeichnen von Trunkenheit/Drogeneinnahme.

Die persönliche Seite

Ich selbst habe leider auch schon erlebt, wie andere Leute rassistische Kommentare gegen mich gerichtet haben. Und das Gefühl ist echt überwältigend- im negativen Sinne. Jedes Mal war ich alleine in der Öffentlichkeit unterwegs und jedes Mal waren es Jugendliche, die mir Bemerkungen hinterhergerufen haben. In diesen Momenten bin ich oft zu geschockt, um zu reagieren. Und ich glaube, es geht vielen so: diese verbalen Pfeilspitzen treffen Dich ohne Vorwarnung und in dem Moment muss man erst mit seinen Gefühlen klarkommen. Man verspannt sich, und dann wirklich sich mit den Angreifern auseinander zu setzen, ist super schwer. Deswegen ist es so wichtig, dass andere Menschen in der Situation eingreifen, denn Du selbst bist oft zu überrumpelt dafür.

Jeder Schritt zählt

Denk dran: Du bist nicht alleine, wenn Du Dich gegen Rassismus und für eine offene Welt einsetzt. Es gibt unzählige Menschen, die das genauso auf dem Herzen haben und einen Unterschied machen wollen. Du bist damit Teil einer größeren Bewegung. Jeder kann einen Unterschied machen, egal wie viele Leute Du in Deinem Freundes- oder Bekanntenkreis hast. Dieses Engagement ist kontinuierliche Teamarbeit und wir gestalten damit die Welt, in der wir leben wollen.

In der Hoffnung auf eine bessere Welt,

Rebekka

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